Liebe Leserinnen und Leser,
der Bundesgerichtshof und die Bundesanwaltschaft feiern in diesem Oktober ihr 75-jähriges Jubiläum. Die Präsidentin des Bundesgerichtshofs Bettina Limperg und Generalbundesanwalt Jens Rommel nehmen das zum Anlass, um in der Deutschen Richterzeitung auf die vergangenen Jahrzehnte zurückzublicken, den Standort ihrer Institutionen zu bestimmen und die Herausforderungen der kommenden Jahre zu skizzieren. „Aus den besorgniserregenden Entwicklungen in Europa und Übersee kann nur der Schluss gezogen werden, dass das Bestehen einer unabhängigen, rechtsstaatlichen Justiz nicht als selbstverständlich hingenommen werden darf, sondern das in den vergangenen 75 Jahren Erreichte Tag für Tag aktiv gefestigt und verteidigt werden muss“, so Limperg.
Rommel betont in seinem Beitrag, dass die Bundesanwaltschaft „aufgrund der unsicheren Weltlage und der Entwicklung in Deutschland auf allen Feldern ihrer Zuständigkeit stark gefordert“ sei. Das gilt in diesen Zeiten ebenso für die Staatsanwaltschaften der 16 Länder. Auch in Brandenburg, das der DRiZ im September irrtümlich rückläufige Fallzahlen gemeldet hatte, wird der Verfahrensstau tatsächlich immer länger. Nachdem die Generalstaatsanwaltschaft des Landes ihre Angaben nach oben korrigiert hat, steigt die Zahl der bundesweit zur Jahresmitte 2025 offenen Fälle weiter auf 981.633. Nie war der Verfahrensstau bei den Staatsanwaltschaften länger als heute. Umso wichtiger ist es, dass die finanzielle Hilfe des Bundes für zusätzliche Ermittlerinnen und Ermittler durch eine Neuauflage des Rechtsstaatspakts schnell in der Justiz ankommt.
Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) und Redner der Koalitionsfraktionen haben in der jüngsten Bundestagsdebatte zum Haushalt 2026 bekräftigt, dass der neue Rechtsstaatspakt möglichst noch in diesem Jahr geschlossen werden soll. Damit wollen Bund und Länder auch die Digitalisierung in der Justiz forcieren. Wie dringlich das ist, zeigt die weiter wachsende Welle von Fluggastklagen. Rund 66.000 neue Fälle haben die Amtsgerichte bis zum 30. Juni erreicht. KI-gestützte Richterassistenzsysteme, die den Gerichten durch die Klageflut helfen, befinden sich aber noch immer in der Testphase. Wann sie in vollem Leistungsumfang für den Einsatz in Massenverfahren in der Justiz ausgerollt werden können, bleibt vage. Vor Mitte nächsten Jahres dürfte es aber kaum gelingen.
Viel Spaß beim Lesen wünscht