The Reichstag Dome in Berlin
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Rettet den Rechtsstaat!

Liebe Leserinnen und Leser,

der zugespitzte Kongresstitel des 24. Richter- und Staatsanwaltstags macht deutlich, dass der Deutsche Richterbund tief besorgt auf zunehmende Angriffe gegen die unabhängige Justiz in vielen Ländern der Welt blickt. Sein Rechtsstaatsgipfel mit voraussichtlich mehr als 1000 Gästen aus Justiz und Anwaltschaft, Wissenschaft und Politik will im April in Weimar Antworten geben auf die wachsenden Gefahren durch antiliberale Kräfte. Von Thüringen, wo die AfD seit Monaten eine Neubesetzung des Richterwahlausschusses blockiert, wird das klare Signal ausgehen, dass die deutsche Justiz als Bollwerk des Rechtsstaats „steht“.

Nicht nur der Richterbund ist in diesen Tagen alarmiert: Ein Team von 14 Rechts- und Politikwissenschaftlern des „Verfassungsblogs“ hat eine rund 300 Seiten starke Analyse vorgelegt, die auch für Deutschland zahlreiche Einfallstore für politischen Missbrauch der Justiz aufzeigt und Empfehlungen zur Gegenwehr gibt. Für ihre Risikoanalyse haben die Wissenschaftler rund 70 Expertengespräche mit Richterinnen und Richtern sowie Gerichtsleitungen geführt. Die Richterzeitung stellt die Befunde der Studie ausführlich vor und blickt in dieser Ausgabe zudem auf das Programm des Richter- und Staatsanwaltstags. Neben der Resilienz-Diskussion steht in Weimar die Vergabe des Menschenrechtspreises im Mittelpunkt, mit dem der Richterbund erneut eine herausragende Persönlichkeit aus der Justiz auszeichnen wird.

Um den Rechtsstaat zu stärken, bedarf es aber nicht nur wetterfester Justizstrukturen und einer unabhängigen Richterschaft, die sich ihrer Rolle und Verantwortung bewusst ist. Es braucht auch Vertrauen der Menschen in den Staat und die Justiz. Hier gerät nach jüngsten Umfragen etwas ins Rutschen: So hat das Allensbach-Institut im Auftrag der FAZ ermittelt, dass nur noch jeder Vierte Vertrauen in die Bundesregierung hat, den Parteien vertrauen sogar nur noch 17 Prozent. Die Regierenden in Bund und Ländern müssen nachweisen, dass sie die Probleme im Land lösen können, die sich auch in der Justiz immer deutlicher zeigen. Vor allem die chronisch unterbesetzten Strafgerichte und Staatsanwaltschaften kommen mit der Arbeit nicht mehr hinterher, was für Frust in der Kollegenschaft und Unverständnis in der Bevölkerung sorgt. Die Richterzeitung blickt beispielhaft nach Bremen, wo sich Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte jetzt mit einem öffentlichen Hilferuf an die Landesregierung gerichtet haben.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und alles Gute für das neue Jahr.

Sven Rebehn

Chefredakteur