Liebe Leserinnen und Leser,
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat beim Festakt zum 75-jährigen Jubiläum des Bundesgerichtshofs und der Bundesanwaltschaft die herausragende Bedeutung einer unabhängigen Justiz für die Demokratie hervorgehoben. Die Herrschaft des Rechts sei eine kostbare Errungenschaft, deren Wert man kaum überschätzen könne, betonte der Bundespräsident. Überall auf der Welt testeten autoritäre Kräfte aus, wie stabil die Institutionen der Demokratie seien. „Wo immer die Feinde der Freiheit versuchen, eine Demokratie zu Fall zu bringen, greifen sie zuallererst die Justiz und deren Unabhängigkeit an.“ Beispiele dafür fänden sich innerhalb wie außerhalb Europas – „selbst dort, wo es für uns noch vor Kurzem nicht vorstellbar gewesen wäre“. Es sei besorgniserregend, wenn oberste Gerichte gezielt umgestaltet würden, um deren Unabhängigkeit auszuhebeln; wenn Richterinnen und Richter politisch gegängelt, diffamiert und bedroht würden, so Steinmeier. „Umso wichtiger ist es, denjenigen den Rücken zu stärken, die – wie die Beschäftigten der Justiz hierzulande – mit großem Verantwortungsbewusstsein für die Stärke des Rechts eintreten.“
Den leidenschaftlichen Appell des Bundespräsidenten für einen starken Rechtsstaat und eine unabhängige Justiz hat die DRiZ zum Anlass genommen, in dieser Ausgabe näher auf die internationalen Entwicklungen zu blicken. In den Vereinigten Staaten sehen sich Richterinnen und Richter immer schärferer öffentlicher Kritik bis hin zu Todesdrohungen ausgesetzt, wenn sie gegen die Regierung von Donald Trump entscheiden, wie Sofia Dreisbach aus den USA berichtet. Die Justizschelte komme häufig auch vom Präsidenten selbst oder aus seinem direkten Umfeld, was die Stimmung weiter anheizt. In der Anhängerschaft Trumps werde längst der Ruf laut, er müsse sich offen „über diese Richter“ hinwegsetzen. Mut macht derweil der Blick nach Brasilien. Dort hat der Oberste Gerichtshof den früheren Staatschef Jair Bolsonaro wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und versuchten Staatsstreichs zur Rechenschaft gezogen – allen Bedrohungen, Beleidigungen und Einschüchterungsversuchen gegen das Gericht zum Trotz. Es habe dem Gesetz unbeirrbar Geltung verschafft und den Rechtsstaat damit gegen alle Anfeindungen verteidigt, berichtet Klaus Ehringfeld aus Brasilien.
Viel Spaß beim Lesen wünscht