Der Deutsche Richterbund (DRB) hat die Idee einer Alimentationsgrundsatzklage in die politische Diskussion eingebracht. Sie soll für eine schnellere kollektive Klärung grundsätzlicher Fragen im Besoldungsrecht sorgen. Es geht um effektiven Rechtsschutz, eine Entlastung des Bundesverfassungsgerichts und die Vermeidung unbeherrschbarer Haushaltsrisiken.
Bei der Alimentationsgrundsatzklage handelt es sich um einen Gesetzentwurf, den der DRB gemeinsam mit dem Bund Deutscher Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen (BDVR) und im Kontakt mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), dem dbb beamtenbund und tarifunion sowie dem Bundeswehrverband erarbeitet hat und der seither den Fachpolitikern vorgestellt wird. Ziel ist eine Konzentration des Rechtsschutzes in besoldungsrechtlichen Streitigkeiten, um angesichts der Zersplitterung des Rechtsgebiets und seiner hohen haushaltswirtschaftlichen Bedeutung frühzeitig Klarheit über die Verfassungsmäßigkeit besoldungsrechtlicher Regelungen zu gewinnen und damit zugleich das Treueverhältnis zwischen dem Dienstherrn und seinen Beamtinnen, Richterinnen, Soldatinnen und Versorgungsempfängerinnen sowie seinen Beamten, Richtern, Soldaten und Versorgungsempfängern zu stärken.
1.Ausgangslage
Seit der Föderalismusreform I von 2006 und der Übertragung der Gesetzgebungskompetenz für das Besoldungsrecht vom Bund auf die Länder befindet sich das Besoldungsrecht auf der schiefen Bahn. Dabei war die Übertragung seinerzeit konsequent. Schon im Vorjahr waren die Länder aus der Tarifgemeinschaft mit dem Bund und den Kommunen ausgeschieden, um durch eigenständige Verhandlungen zu geringeren Tarifabschlüssen und Personalkosten zu gelangen. Um nichts anderes ging es auch beim Besoldungsrecht.
Einsparungen schienen einfach. Die Besoldung bestimmt der Gesetzgeber einseitig; er muss sie nicht mit streitbaren Gewerkschaften aushandeln. Auch muss der (finanzielle) Leidensdruck sehr hoch sein, bevor ein Beamter tatsächlich den Dienst quittieren würde – und wenn doch, wäre dies in Zeiten des Personalüberhangs willkommen. Das Regelungspotenzial wirkte unbegrenzt. Eine die gesetzgeberischen Spielräume begrenzende verfassungsrechtliche Rechtsprechung gab es nicht. Vordergründig hatten die Sparbemühungen auch einen gewissen Erfolg. Außertabellarische Vergünstigungen wie das Weihnachts- oder Urlaubsgeld gehören überwiegend der Vergangenheit an. In der Gesamtschau fällt die Bilanz aber auch für die Länder weniger positiv aus.
Die Betroffenen haben die Einsparbemühungen weit weniger geduldig hingenommen als erwartet. Auch Beamte und Richter treten heute für die eigenen Interessen mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln ein. In Besoldungsangelegenheiten ist das der Verwaltungsrechtsweg. Alljährlich überrollen deshalb Wellen von Besoldungswidersprüchen und -klagen die Dienstherren bundesweit. In einigen Gegenden ist das Tischtuch zwischen dem Dienstherrn und den Staatsdienern inzwischen praktisch zerschnitten.
Auch hat das Bundesverfassungsgericht die gesetzgeberischen Gestaltungsspielräume unerwartet verengt. Beginnend 2012 mit den Juniorprofessoren über die Drei-Stufen-Prüfung der Unangemessenheit der Besoldung 2015 und weitere Zwischenschritte bis zu den Beschlüssen von 2020 über den Mindestabstand zwischen Besoldung und Grundsicherung hat es wirksame verfassungsrechtliche Mindeststandards für die Besoldung eingezogen. Allerdings kehrten die zuständigen Ministerien und Gesetzgeber nicht etwa auf den Pfad der verfassungsrechtlichen Tugend und der besoldungsrechtlichen Vernunft zurück, sondern antworteten mit einem Feuerwerk an Ideen, um die Einsparungswünsche der Haushälter ungeschmälert zu realisieren und dabei nach außen die Illusion verfassungsmäßiger Zustände aufrechtzuerhalten.
An den Verfahrenszahlen des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts lässt sich das besichtigen. In einem beispiellosen Hilfeschrei zitiert im Dezember 2023 ein Verzögerungsrügebeschluss den dortigen Berichterstatter mit der Aussage, dass allein 50 Besoldungsverfahren anhängig seien, die zum Teil noch die Besoldung aus den frühen 2010er-Jahren beträfen.1 Man kann dem Bundesverfassungsgericht keinen Vorwurf machen, dass es nicht mehr in der Lage ist, im Besoldungsrecht effektiven Rechtsschutz zu gewähren. Durch die Verlagerung der Gesetzgebungskompetenz hat sich die Zahl der theoretisch für jedes Jahr einzeln zu prüfenden Gesetze versiebzehnfacht. Zugleich gibt es Länder, die ergangene Entscheidungen nur restriktiv umsetzen und damit weitere Verfahren provozieren.
Klaglos kann dieser Zustand nicht weiter hingenommen werden. Die Dienstherren zwingen die Beamten und Richter, individuell, für jedes Jahr einzeln und auf eigene Kosten den Rechtsweg durch alle Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht zu beschreiten, weil sie anderenfalls keine Besoldung erhalten, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht. Erstrittene Nachzahlungen werden trotz des extremen zeitlichen Verzugs nicht verzinst, sondern durch die Inflation entwertet. Zudem werden die Haushaltsrisiken durch rückwirkende Besoldungszahlungen mit jedem weiteren Jahr, das bis zur Herstellung „endgültiger“ Rechtssicherheit vergeht, immer weniger kalkulierbar.
2.Abhilfe
Sosehr man Abhilfe in der Rückkehr zur bundeseinheitlichen (Richter-)Besoldung sucht, so wenig verspricht dieser Weg kurzfristigen Erfolg. Dass die Mehrheiten für die dafür nötige Grundgesetzänderung demnächst gefunden werden, ist nicht absehbar. Nötig sind andere Instrumente. Diese Instrumente müssen vier Probleme lösen. Sie müssen erstens das Bundesverfassungsgericht entlasten. Sie müssen zweitens die einzelnen Beamten und Richter von dem Zwang befreien, jährlich individuell und auf eigene Kosten gegen ihren Dienstherrn vor Gericht zu ziehen. Sie müssen drittens zeitnah für Rechtssicherheit in grundsätzlichen und alle Beamten und Richter gleichermaßen betreffenden Fragen sorgen. Schließlich müssen sie viertens verhindern, dass sich verfassungswidrige Gesetze für den Gesetzgeber auszahlen. Diese vier Probleme zu lösen, ist der Anspruch der Alimentationsgrundsatzklage. Sie soll durch Änderungen der Verwaltungsgerichtsordnung und des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes eingeführt werden.
a) In der Verwaltungsgerichtsordnung würde die Alimentationsgrundsatzklage als eine neue Klageart eingeführt. Ihre Besonderheiten bestünden darin, dass nur eine Spitzenorganisation im Sinne von § 53 BeamtStG klagebefugt und der prozessuale Prüfungsmaßstab beschränkt wäre. Spitzenorganisationen sind diejenigen Gewerkschaften und Standesorganisationen, die auf der Landesebene keinem weiteren Dachverband angehören, also nur die Landesverbände von DGB, dbb und Richterbund sowie auf Bundesebene zusätzlich der Bundeswehrverband, nicht aber Fachorganisationen, wie etwa die Gewerkschaft der Polizei. Prüfungsmaßstab für die neue Klage wäre nur Art. 33 Abs. 5 GG, also der verfassungsrechtliche Alimentationsgrundsatz selbst.
Diese Einschränkungen machen deutlich, worum es geht, nämlich ausschließlich um die Klärung grundsätzlicher Fragen, und zwar jener, die sich direkt aus dem Alimentationsgrundsatz ergeben. Man könnte also auch von einer „Alimentationsgrundsatz-Grundsatzklage“ sprechen.
aa) Die neue Klageart soll ein Instrument kollektiven Rechtsschutzes sein, darf aber nicht als Verbandsklage missverstanden werden. Bei der Verbandsklage geht es um die Durchsetzung eines nicht individuell zugeordneten Anliegens durch mehrere Interessierte. Dagegen kennt der Alimentationsgrundsatz einen Berechtigten, nämlich jeden einzelnen Beamten und Richter. An deren Berechtigung und individueller Durchsetzungsbefugnis ändert die Alimentationsgrundsatzklage nichts. Sie steht vielmehr ergänzend neben dem individuellen Rechtsschutz. Zusätzlich soll eine Spitzenorganisation kraft ihrer selbst die Einhaltung des Alimentationsgrundsatzes gerichtlich durchsetzen können.
Für diese Berechtigung spricht die Parallele zum kollektiven Arbeitsrecht. Organisationen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, denen die Betroffenen angehören, können kollektiv einheitliche Mindestbedingungen für die Arbeitsbedingungen vorgeben. Eine solche Möglichkeit besteht im Besoldungsrecht nicht, da die Besoldung durch Parlamentsgesetz und damit einseitig zu regeln ist. Gänzlich einseitig kann der Dienstherr aber gleichwohl nicht vorgehen, denn er ist verpflichtet, zumindest im Verfahren die Spitzenorganisationen anzuhören. Die hier vorgesehene Klagemöglichkeit geht über dieses Anhörungsrecht hinaus. Allerdings würde damit lediglich eine Art Waffengleichheit hergestellt und die Koalitionsfreiheit von Art. 9 Abs. 3 GG systemgerecht im Beamtenrecht gewährleistet.
Klagen am Prüfungsmaßstab des Alimentationsgrundsatzes in die Hände der Spitzenorganisationen zu legen, ist auch sachlich vernünftig. Solche Verfahren weisen eine besondere Komplexität auf. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts2 erfordert die Prüfung der Besoldung am Maßstab des Alimentationsprinzips umfangreiche und sehr komplexe Tatsachenfeststellungen. Diese beginnen bei der Entwicklung der Besoldung aller Besoldungsgruppen in allen Ländern und dem Bund sowie der Entwicklung der Tarifeinkommen, der Nominallöhne und der Verbraucherpreise teilweise bis 20 Jahre zurück (Vergleichsparameter der ersten Prüfungsstufe). Sie reichen über weitere besoldungsrelevante Umstände (Versorgung, Beihilfe, externe und grenzüberschreitende Einkommensvergleiche oder Qualifikationsanforderungen an Amtsinhaber – Kriterien der zweiten Prüfungsstufe) und schließen eine umfassende verfassungsrechtliche Abwägung (dritte Prüfungsstufe) ein. Hinzu kommt die Prüfung des Mindestabstands der Besoldung von der Grundsicherung, die zusätzlich grundsicherungsrechtliche Fragestellungen und Tatsachen zu Bedarfsstufen, zu Leistungen für Unterkunft, Heizung, Bildung und Teilhabe, zu nicht gesetzlich geregelten Sozialleistungen (sogenannte Sozialtarife), zu den Kosten privater Beihilfezusatzversicherungen, zu Kindergeld, zu Steuersätzen und zu weiteren Umständen umfasst. Ein Großteil dieser Daten ist für die Öffentlichkeit nicht ohne Weiteres zugänglich.
Unter diesen Bedingungen ist ein Einzelner selbst mit anwaltlicher Beratung in der Regel nicht zu einer sachgerechten Verfahrensführung in der Lage. Nicht nur, dass ihn die schiere Menge nötiger Daten vollständig überfordert. Selbst mit der Unterstützung durch das den Sachverhalt von Amts wegen ermittelnde Verwaltungsgericht verbessert sich die prozessuale Lage nicht entscheidend. Der Einzelne wird die vom Verwaltungsgericht unter anderem bei dem zuständigen Ministerium ermittelten Daten kaum sachgerecht hinterfragen und bewerten und sich zu ihnen äußern können. Selbst für das Verwaltungsgericht ist das schwierig, solange der Kläger der Verwaltung nicht in Sachen Kompetenz auf Augenhöhe entgegentreten kann. Es gibt nur einen Weg, diesen Missstand zu beseitigen: Die Spitzenverbände müssen solche Verfahren führen können. Nur sie verfügen über einen ähnlichen Zugang zu den Daten, den Überblick über die Regelungsmaterien und den Sachverstand, die Daten zielgenau zu hinterfragen. Wenn es um den Alimentationsgrundsatz geht, müssen die Spitzenorganisationen deshalb um der Fairness willen endlich von der Seitenlinie aufs Spielfeld und die einzelnen Beamten und Richter auf die Ersatzbank.
Dass nicht alle Gewerkschaften, sondern nur die Spitzenorganisationen klagen können sollen, stellt sicher, dass dieses Instrument nicht zur Verfolgung von Partikularinteressen missbraucht wird, sondern allein der Durchsetzung von Positionen vorbehalten bleibt, die alle Berufsgruppen gleichermaßen betreffen. Dass dies in den größeren gewerkschaftlichen Organisationen einen internen Prozess der Abwägung und Entscheidungsfindung auslösen wird, ist gewollt.
bb) Zur Verfahrensbeschleunigung sollen die Oberverwaltungsgerichte in erster Instanz für die Alimentationsgrundsatzklage zuständig sein. Es geht allerdings um mehr als den Zeitgewinn durch Einsparung einer Instanz. Der Prüfungsaufwand ist erheblich und die Verwaltungsgerichte sind stark belastet. Es ist ineffektiv, die jeweils für das ganze Land relevante Prüfung parallel an mehreren Verwaltungsgerichten durchzuführen. Die Konzentration in den Händen des Obergerichts vermeidet unnötige Doppelarbeiten und bürgt für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Tatsachenermittlung.
cc) Schließlich soll die Alimentationsgrundsatzklage als kollektives Rechtsschutzinstrument vorgreiflich sein und die individuelle Rechtsverfolgung entbehrlich machen. Deshalb sollen Rechtsbehelfsfristen gehemmt sein, solange sie anhängig ist, und individuelle Klagen auf höhere Besoldung oder Versorgung auch ohne Einverständnis der Beteiligten ausgesetzt werden können.
b) Hält das Oberverwaltungsgericht oder im Revisionsrechtszug das Bundesverwaltungsgericht das streitige Besoldungsgesetz für mit dem Alimentationsgrundsatz unvereinbar, hat es dieses nach Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.
aa) Nach geltendem Recht sind Richtervorlagen am Bundesverfassungsgericht Senatsverfahren, wenn sie zulässig sind oder von einem obersten Bundesgericht stammen. Es sind deshalb alle acht Richterinnen und Richter des zuständigen Senats zur Entscheidung berufen. Das gilt selbst dann, wenn die verfassungsrechtliche Frage an sich bereits durch Senatsrechtsprechung geklärt ist und diese Rechtsprechung nur noch auf den vorliegenden Einzelfall angewendet werden muss. Dass solche repetitiven Verfahren vorkommen, liegt bei 17 Gesetzgebern im Besoldungsrecht, die nicht 17 völlig eigenständige Regelungswege beschreiten, sondern vielfach voneinander abschreiben, auf der Hand. Auch die schon anhängigen 50 Besoldungsverfahren stellen keine 50 einzelnen Rechtsfragen, sondern wenige Fragen in jeweils unterschiedlichem Gewand. Es ist darum ineffektiv, für solche wiederkehrenden Entscheidungen das sehr aufwendige Senatsverfahren vorzusehen.
Zur Vereinfachung und Beschleunigung ist deshalb vorgesehen, dass wiederkehrende Entscheidungen von der nur mit drei Richtern besetzten Kammer getroffen werden dürfen, wie man das bereits von Verfassungsbeschwerdeverfahren kennt. Das soll auch dann gelten, wenn das Besoldungsgesetz für verfassungswidrig und nichtig zu erklären ist. Natürlich führt es zu einem gewissen Unwohlsein, wenn ein Akt des parlamentarischen Gesetzgebers von nur drei Richterinnen und Richtern kassiert wird. Dieser Schritt ist aber notwendig, weil sich eine Verfahrenserleichterung angesichts der schieren Menge zu prüfender Besoldungsgesetze anders nicht erreichen lässt. Nur ablehnende Entscheidungen den Kammern vorzubehalten, stattgebende aber beim Senat zu belassen, hätte kaum Beschleunigungseffekte.
bb) Darüber hinaus soll der zuständige Spruchkörper des Bundesverfassungsgerichts bei einer Richtervorlage aufgrund einer Alimentationsgrundsatzklage auch berechtigt sein, weitere Vorschriften für nichtig zu erklären, die ihm zwar nicht vorgelegt wurden, die aber aus denselben Gründen verfassungswidrig sind. Die Möglichkeit, über nicht verfahrensgegenständliche Vorschriften mitzuentscheiden, besteht schon jetzt. Sie soll aber massiv ausgeweitet werden, um unnötige Parallelverfahren zu vermeiden.
Hintergrund ist auch hier, dass die Gesetzgeber der einzelnen Bundesländer und des Bundes strukturell ähnlichen Regelungsmodellen folgen. Stellt sich ein solches Regelungsmodell als den Anforderungen des Grundgesetzes widersprechend heraus, ist es sinnvoll, in einem Atemzug über alle Gesetze zu entscheiden, die auf ihm beruhen. Dieser Effekt lässt sich derzeit durch die förmliche Verbindung anhängiger Verfahren erreichen. Er soll auf Regelungen erweitert werden, die dem Bundesverfassungsgericht noch nicht vorgelegt wurden, deren Vorlage aber nur noch eine Frage der Zeit ist, wenn das Regelungsmodell als solches dem Grundgesetz widerspricht. Selbstverständlich müssen dafür die betroffenen Normgeber in dem Verfahren ebenfalls beteiligt werden.
cc) Um die Bereitschaft der für die Besoldung zuständigen Ministerien zu verringern, den Gesetzgebern die Verabschiedung verfassungsrechtlich riskanter Regelungen zu empfehlen, ist zudem vorgesehen, dass alle auf der Grundlage eines für nichtig erklärten Besoldungsgesetzes ergangenen Bescheide aufzuheben sind.
Bislang beschränkt das Bundesverfassungsgericht aus Respekt vor dem Haushaltsgesetzgeber die Pflicht zur rückwirkenden Korrektur einer verfassungswidrigen Besoldung auf diejenigen Betroffenen, über deren Ansprüche noch nicht endgültig entschieden wurde, die sich also noch in einem Rechtsbehelfsverfahren befinden. Unter anderem dieser Umstand zwingt bisher alle Betroffenen, alljährlich ihrer Besoldung oder Versorgung zu widersprechen und gegebenenfalls dagegen zu klagen. Es ist aber auch gerade dieser Umstand, von dem ein erheblicher finanzieller Anreiz ausgeht, Besoldungsregelungen ungeachtet verfassungsrechtlicher Zweifel zu treffen. Die Erfahrung lehrt, dass nie alle Betroffenen ins Rechtsmittel gehen. Entsprechend lässt sich eine Einsparung immer realisieren. Die kritische Regelung wird erst Jahre später aufgehoben, und die gebotene Nachzahlung erhält nur ein Bruchteil der Betroffenen.
Zudem sollen für Nachzahlungen Verzugszinsen fällig werden. Angesichts der Höhe der Verzugszinsen nach dem BGB würde das die faktische Verschuldung des Staates bei den Staatsdienern unattraktiv machen.
3.Resümee
Der Gesetzentwurf von DRB und BDVR hält wie gezeigt praktische Antworten für die drängendsten Probleme der Besoldungsverfahren bereit und weist den Weg aus der Sackgasse, in der sich das besoldungsrechtliche Rechtsschutzsystem gegenwärtig befindet. Jetzt ist der Deutsche Bundestag am Zug.
Dr. Andreas Stadler,
LL.M. (Iowa), ist Vorsitzender Richter am Landgericht und im DRB-Präsidium unter anderem für Besoldungsrecht zuständig. Er ist Mitverfasser des besprochenen Gesetzentwurfs.
- Vgl. Beschluss vom 21. Dezember 2023 – 2 BvL 3/19 – Vz 3/23.
- BVerfGE 155, 1.