Recht humorvoll*

Juristen erzählen gerne von Fällen, von eigenen oder denen, die sie gehört oder gelesen haben. Am liebsten natürlich von Fällen, über die man am Ende herzlich lachen kann, erst recht, wenn Schadenfreude das Vergnügen würzt. So sind denn auch die Erzählungen aus dem Gerichtssaal, die pensionierte Richter nach getaner Arbeit veröffentlicht haben, meist unter dem Gesichtspunkt größtmöglicher Belustigung der Leser zusammengestellt.

 

Der Autor des hier vorzustellenden Bandes war jedoch nicht im Gerichtssaal tätig, sondern legte als Universitätsprofessor im Hörsaal bei den jungen Studierenden die Grundlagen für das Verständnis von Recht und Gesetz. Er versammelt aber nicht etwa die dümmsten Antworten aus Studium und Examen, sondern geht eingangs ganz grundsätzlich der Frage nach, ob die Juristerei und die Juristen selbst überhaupt humorvoll sein können. Er kommt – natürlich – recht schnell zu dem Schluss, dass dies in der Tat der Fall ist, und belegt dies mit wissenschaftlicher Gründlichkeit mit Zitaten, selbst die Bibel bleibt nicht unerwähnt. Doch alsbald dringt der Autor zum Kern seines Anliegens vor: seiner „Fallsammlung“, die zeigen soll, dass die Beschäftigung mit dem Recht so unlustig gar nicht ist. Am Beispiel der rund 150 Geschichten aus dem Alltag der Gerichte demonstriert er, wie Juristen vor allem mit der Sprache ringen, aber auch um die richtige Ansprache an die Prozessbeteiligten, sei es, um abstruse Ansprüche abzulehnen oder um unsinnige Einreden auszuräumen.

 

Am Anfang geht es noch um die Schwierigkeiten bei der sprachlichen Deutung von Rechtsbegriffen und die Formulierung von Definitionen, letzteres selbstverständlich illustriert mit der Umschreibung des Begriffs „Eisenbahn“ durch das Reichsgericht im ersten Band seiner amtlichen Sammlung. Dann aber wird aus dem prallen Leben berichtet: Zuerst gibt es immer eine kurze Einführung in das Streitthema, dann wird zitiert, meist aus der Entscheidung, oft aber auch aus den Einlassungen der Beteiligten, stets mit Angabe von Fundstelle und/oder Aktenzeichen. Manche der Entscheidungen hatten es nur auf die Umschlagseiten der Neuen Juristischen Wochenschrift und der Juristischen Schulung geschafft, die bekanntlich beim Binden der Jahrgänge entsorgt werden. Diese Fälle werden hier vor dem Vergessen bewahrt. Sämtlichen Geschichten kann man einen humorigen Aspekt nicht absprechen, zu einem Schmunzeln reicht es allemal – manchmal auch für ein gewisses Fremdschämen, wenn die Sicht der Richterkollegen auf das wirkliche Leben etwas sehr weltfremd erscheint.

 

Doch sind nicht alle der zur Belustigung der Leser zitierten Texte auf den Misthaufen der Justiz gewachsen. Auch der ADAC trägt zur Erheiterung bei, wenn er in seiner Mitgliederzeitschrift seine rechtliche Einschätzung zum wohl zulässigen Nacktfahren im (geschlossenen) Auto darlegt und vor dem Verlassen desselben auf einem öffentlichen Parkplatz warnt.

 

Alles in allem bietet der immer noch schmale Band eine vergnügliche Lektüre, wenn man sich auch nach getaner Arbeit oder selbst im Urlaub mit rechtlichen Problemfällen befassen mag. Vorbehaltlos empfehlen kann man das Buch jungen Leuten, die sich für ein Jurastudium interessieren und den alten Praktiker mit der Frage löchern, was ein Richter denn sonst so mache, wenn er nicht gerade Verbrecher ins Gefängnis schickt oder Ehen scheidet. Wer nach der Lektüre immer noch an juristischer Wortklauberei interessiert ist: Willkommen im Klub.

 

Ralph Neumann
ist Richter am Amtsgericht a. D.
und Mitglied der Redaktion.

 

* Rolf Stober, Juristen taugen auch als Humoristen: Amüsante Ein­blicke in wahre Rechtsgeschichten, Softcover, 2024, Kohlhammer, 205 S., ISBN 9783 1704 45376.